Der Lock-In-Effekt lockt mal wieder

von Moritz Machner am 11.6.2014
Apple hat auf seiner Konferenz WWDC14 mehrere APIs für Entwickler vorgestellt. Mit dabei waren ein Modul für Gesundheitsanwendungen und eines für Heimautomation. Auch die Zusammenarbeit zwischen den iOS Geräten und dem Mac über die iCloud sollen mit den neuen Betriebsystemen im Herbst verbessert werden. Doch das ist nicht nur positiv. 

Der App-Store, die iCloud und die neuen Module sind eigentlich die Lehre aus dem Plattform-Krieg mit Microsoft Windows in den 1990er Jahren. Und den hat bekanntlich Microsoft gewonnen, da sie mehr Programme auf ihrer Plattform hatten und jeden erdenklichen Weg nutzten, den Kunden nicht mehr runter zu lassen. Man spricht hier auch vom “Lock-In” Effekt. Durch Inkompatibilitäten erhöht man die Wechselkosten für den Kunden so sehr, dass sich ein Wechsel auf eine andere Plattform nicht lohnt. Beispiele sind hier der berüchtigte Windows Media Player oder das Microsoft Office Paket, dessen Dokumente oft von anderer Software nicht gelesen werden kann. 

Apple war auf einem guten Weg

In den frühen Jahren war bei Apple alles proprietär. Es ging soweit, dass sogar die Kopfhöreranschlüsse nur auf spezielle Apple-Kopfhörer passten. Das änderte sich in den 2000er Jahren. Anschlüsse und Schnittstellen wurden offener und kompatibler mit externen Produkten. Doch ganz vertrieben werden konnte die Attitüde nie. Inzwischen versucht man es sogar tatsächlich wieder mit eigenen "Lightning"-Kopfhöreranschlüssen (Hintergrund ist sicherlich die Übernahme von "Beats"). Und während Steve Jobs bei der Vorstellung des ersten iPhones am 9. Januar 2007 den Entwicklern noch geraten hat, Web-Anwendungen zu schreiben, wurde beim nächsten iPhone der App Store vorgeführt. Man kann natürlich zu den internen Diskussionen bei Apple nur mutmaßen, aber das am Horizont aufziehende und von Jobs tief verachtete Android wird wohl einer der Gründe gewesen sein. 

Dieser iOS Appstore führt auf allen Seiten zu Problemen, welche durch offene Standards und das Web eigentlich gelöst sind. Neulich las ich ein Interview, wo der Vertreter eines Presseverlags sagte es sei zu aufwändig, Zeitschriften Apps für die verschiedenen Plattformen zu schreiben. Es müsste etwas geben, was man plattformübergreifend nutzen könnte. Gibt es, nennt sich Webseite.  

Die wenigsten Anwendungen bedürfen wirklich einer vollständig nativen App. Es ist allein der Komfort auf ein Symbol zu drücken und es öffnet sich das gesuchte Programm. Ob dieses nun in einer App oder im Browser läuft ist für die meisten Anwendungen selbst, spätestens seit HTML5, unerheblich. Einen Unterschied macht es hingegen für den Nutzer, denn der ist bei einer Lösung die Browser läuft völlig frei in der Wahl des Gerätes, der Plattform und des Browsers. 
 

Lock-In Effekte bei der Heimautomatisierung

Bei der Heimautomatisierung kann nun wirklich niemand den Lock-In eines Herstellers brauchen. Wenn jeder Lichtschalter, die Heizung und der Kühlschrank nur noch mit iOS kompatibel sind, ist das erstmal sicherlich gut für Apple, aber für Sie als Kunden sehr bescheiden. Und auch für Apple kann das ganz schnell in einer Sackgasse enden. Bis jetzt haben sich die offenen Standards am Ende immer durchgesetzt, was selbst Microsoft inzwischen schmerzhaft feststellen musste. 

Sowohl als Entwickler wie auch als Kunde sollte man von solcher “Managerschläue” Abstand halten. Unsere API beispielsweise kann man von jeder Plattform benutzen, warum nicht die der iCloud?
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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.