Apples Marketing Problem mit dem iPhone 4s

von Moritz Machner am 12.10.2011

Es ist schon erstaunlich, was in den letzten Tagen passiert ist. In der Vergangenheit galten Apple Produktvorstellungen immer als revolutionäre Zukunftsvisionen, und nun, ein einfaches Update? Das iPhone 4s ist sicherlich ein gutes Update, vielleicht nicht unbedingt für die Besitzer eines iPhone 4, aber für diejenigen, welche vor 2 Jahren ein 3GS mit einem Vertrag bekommen haben, ist es sicherlich ein großes Update. Von uns “Geeks” mal abgesehen, kaufen normale Leute eben nur alle zwei Jahre ein Handy mit dem Vertrag zusammen. Wir stellen also fest: so weit alles in Ordnung. Bei jedem anderen Hersteller wäre das keine Meldung wert gewesen.

Aber nun das Besondere: Man wird von normalen Verbrauchen angesprochen, das sie mitbekommen haben, dass das Update ja nicht so toll sein soll. Anscheinend hat es also die Blogszene rund um Apple Gerüchte geschafft, außerhalb ihres natürlichen Biotopes Gehör zu finden. Genau hier wird es aus dem Gesichtspunkt des Marketings spannend. Apple hat durch seine Geheimhaltungsstrategie, welche diese Gerüchteküche ja erst begünstigt hat, in der Vergangenheit viele Vorteile gezogen. Zum einen ist da die Preispolitik zu nennen. Hersteller, welche Ihre Upgrades früh vorstellen, müssen mit den Preisen für die alten Modelle herunter gehen, weil ja nun jeder weis, das es ein neues Modell geben wird. Das hat in der Technologiebranche dazu geführt, dass Preise nach der Einführung eines Produktes kontinuierlich sinken und mit einem neuen Produkt dann wieder oben anfangen. Bei Apple bleiben aber normalerweise die Preise über die Lebenszeit eines Produktes konstant, so dass Apple bei sinkenden Produktions- und Komponentenkosten nicht weniger sondern mehr verdient, um so länger das Produkt auf dem Markt ist. Zweitens hat Apple durch die „überraschenden“ Ankündigungen immer viel Echo in den Medien erhalten, was nun auch kostenlose PR ist.

Im Corporate Markt ist Apple mit der Strategie immer schon gescheitert und auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen ist dadurch nicht besser geworden. In beiden Fällen benötigt man eben verlässliche Partner mit einer klaren Roadmap und einem Commitment. Wer kauft schon 1000 Server, um dann 2 Wochen später zu erfahren, das Apple sich komplett aus dem Bereich zurückzieht? Oder nehmen wir nur die Hersteller für Hüllen, welche teilweise schon 50.000 Einheiten gefertigt hatten – aufgrund eines angeblichen Prototypen des iPhone 5.

Aber all das auf der Waage, war es für Apple im B2C Markt unterm’ Strich immer noch ein großes Plus. Doch nun geht Apples eigenes Guerillamarketing nach hinten los. Die Spekulationen in der Blogspähre haben sich verselbständigt und die Erwartungen sind so hoch, dass jedes mal, wenn Apple sich nicht selber übertrifft, dieses als Scheitern wahrgenommen wird. Und das eben zunehmend von normalen Verbrauchern. Die Geister die ich rief...

Es ist ein Musterbeispiel, dass Guerillamarketing für ein Startup oder eine einzelne Kampagne sehr gut funktionieren kann, dass es aber für einen Weltkonzern kein Mittel auf Dauer sein kann. Apple sollte hier zu Transparenz und Beständigkeit finden, da sie sonst die Kontrolle über die Erwartungen an neue Produkte an die Blogs abgeben. Unberechenbarkeit ist eben nur gut, solange das Ergebnis die Erwartungen übertrifft, ansonsten kaufe ich lieber da, wo ich weiß, was ich bekomme – und zwar langfristig.

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.