Das Anti-Feature

von Moritz Machner am 11.12.2012

Steve Jobs sagte einmal:" Wir sind genauso stolz auf die Produkte die wir nicht gemacht haben, wie auf die, welche wir gemacht haben." Ähnlich geht es uns mit Features. Oft erkennt man relativ schnell, ob ein Feature eine gute oder eine schlechte Idee ist. So gibt es viele Features und Funktionen, die auf den ersten Blick eine gute Idee zu sein scheinen, auf den zweiten aber durchaus große Nebenwirkungen haben. Diese Nebenwirkungen können die Usability oder die Arbeitsweise des Produktes insgesamt beeinträchtigen. Wie bei einem Medikament muss man nun entscheiden, ob die Vor- oder Nachteile überwiegen und welche Dosierung das Feature verdient. Diese Entscheidung zu treffen ist nicht immer einfach, weil insbesondere die Nachteile einer Funktion oft im Verborgenen liegen und nur selten offensichtlich sind.

Vor einigen Tagen habe ich in einer großen Tageszeitung ein Bericht über so genannte “Low-Performer” gelesen. Hier ging es zwar primär um die Motivation von Mitarbeitern, welche nicht mehr die volle Leistung erbringen - mich hat jedoch ein anderer Aspekt neugierig gemacht. Der Artikel nahm ein Vertriebsteam als Beispiel, welches in der letzten Zeit als hoffnungsloser Fall durch schlechte Ergebnisse beschrieben wurde. Dieses Team war durch eine Firmenübernahmen zum Konzern hinzugekommen. Eine Führungskraft, welche sich der Sache annahm, erkannte dass dieses Team früher große Vertriebserfolge hatte, diese seit der Übernahme aber ausbleiben. Während der Vertrieb im Konzern großteils Zahlen getrieben ist, war in der übernommenen Firma der Vertrieb eher durch persönliche Bindungen zwischen Vertriebler und Kunden geprägt. Laut Artikel schaffte es das Schlusslicht-Team innerhalb eines Jahres zum Spitzenplatz in Deutschland, nachdem man die Vertriebsstruktur in diesem Team wieder in das alte Konzept umgestellt hatte.

Als Softwarehersteller trifft man natürlich keine Entscheidungen im Vertrieb der Nutzer der Software. Man kann aber sehr wohl unterschiedliche Schwerpunkte durch die Auswahl der Features & Funktionen treffen.

Features und ihr negativer Einfluss

Kennzahlen getriebene Prozesse sind oft erst durch Software möglich geworden. Hier wird natürlich der Statistiker in einem wach, man denke nur an den Barcode Scanner an der Kasse. Im Kopf spielt man schon einmal die Menge an Daten sowie deren Verwendung und Nutzen durch. Welchen Einfluss Erhebung, Sammlung und Auswertung all der Daten auf die Mitarbeiter haben wird gerne übersehen. Noch immer wünschen sich viele Menschen Software mit möglichst langen Featurelisten. Über die Anti Features wird dabei leider recht wenig nachgedacht.

Die große Kunst der Produktentwicklung ist es ein Produkt nicht als Ansammlung von Features zu sehen, sondern als ein Kompromiss zwischen Features. Hierbei ist natürlich die Unterscheidung zwischen Features und Anti Features essenziell. Je besser einem dieser Kompromiss gelingt, desto runder ist das Gesamtprodukts am Ende des Prozesses.

Fragen Sie sich bei der nächsten Kaufentscheidung doch einmal, was Sie auf keinen Fall wünschen. Das trifft sowohl für Software als auch für den Toaster zu, der bitte explizit keinen eingebauten Eierkocher & eine Mini Bratpfanne eingebaut hat. Und ja, diese Teile gibt es wirklich.

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.