Community, Commitment und Einzelhandel?

von Moritz Machner am 16.10.2012

In den 1990er Jahren gab es in meiner Heimatstadt drei Plattenläden. Einer war eher „Volksmusik und Musical“, also konzentriere sich die junge Kundschaft eher auf die anderen beiden. Während der eine von beiden größer und günstiger gelegen war, hatte der andere ein großartige Einrichtung: Eine Bar mit ein paar Hockern, Kaffee und Keksen. Dort konnte man die Musik mit Kopfhörern probe hören und es dauerte oft nicht lange, bis man bei einer Tasse Kaffee mit anderen Kunden und dem fachlich qualifizierten Personal in Kontakt kam. Man sprach über die Musik, die Bands und lernte neue Künstler und deren Platten kennen, für die man dann sein Taschengeld sparte. Es war nicht nur ein Geschäft, es war ein Treffpunkt, an dem Kultur und Austausch stattfand.

Der Laden profitierte hiervon, zum Beispiel durch kostenlose „Verkäufer“. Das waren einfach andere junge Leute, die man fragen konnte. Der Laden profitierte auch durch die entsprechend häufigen Besuche und die daraus resultierenden Käufe. Vielleicht lag es aber auch daran, dass man ein Kulturprodukt (Musik) wie solches behandelt hat, und nicht wie reine „Ware“.

Nun, Plattenläden gibt es ja nicht mehr wirklich und die „das könnte Sie auch interessieren“ Funktion von den Online Musikläden ist sicher nicht dasselbe. Aber auch im Einzelhandel gibt es so etwas nicht mehr. Am schlimmsten sind die Läden, welche mit hellen Hölzern freundlich und gemütlich aufgemacht sind, aber wo das Personal diese „Kauf schnell was und verpiss Dich schnell“ Attitüde hat. Da fällt mir spontan die Kette eines größeren Apple Verkäufers ein. Der Ladendesigner hat wahrscheinlich eher an das Erlebnis gedacht, während das kennzahlengesteuerte Personal die Kunden wie Schnelldreher behandelt und meint 1.500 Euro teures Haarspray zu verkaufen.

Im Web schmeißt man heutzutage immer gerne den Begriff „Community“ und dessen Wichtigkeit durch die Gegend. Sie kann nicht nur loyale Kunden schaffen, sondern auch ein Geschäft attraktiver machen. Zusätzlich hat man im Falle der „Kaffeebar“ auch noch eine zusätzliche Einnahmequelle. Aber wenn die Verkäufer im Beispiel des Computer Händlers den selben emotionalen Bezug zum Produkt haben wie zu einem Kilo Mehl und es auch keine Community gibt, dann kann ich das Produkt auch im Internet bestellen. Wer für sich den Wert der Community erkennt, der tut gut daran dies auch ernsthaft umzusetzen und es nicht nur als Marketing Tool zu sehen.

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.