Was eine Fußgängerzone mit Produktvertrieb zu tun hat

von Moritz Machner am 6.8.2012

Neulich war ich in der Fußgängerzone in Bonn-Duisdorf. Bonn hat in mehren Stadteilen kleinere Fußgängerzonen und Einkaufsstraßen, der Stadtteil Duisdorf liegt recht weit draußen. Bei meinem Besuch sind mir mehrere Dinge aufgefallen, welche mich direkt an vergleichbare Probleme im Produktvertrieb erinnert haben, denn auch eine Einkaufsstraße ist ein Art von Produkt.

Schon bei der Anreise fällt einem die großräumige “Auto Todeszone” um die Fußgängerzone herum. Trotz reichlich leerer Parkplätze gibt es hier anscheinend überall Parkscheinautomaten mit Preisen wie in der Innenstadt und den dazugehörigen Damen und Herren vom Ordnungsamt. Mein erster Gedanke: Da kann ich ja auch gleich in die Innenstadt fahren, da kann man genauso schlecht und teuer parken. Wenn man dann die eigentliche Fußgängerzone betritt, findet man neben gefühlten 10 Dönerbuden doch relativ wenig attraktive Geschäfte und auch einiges an Leerständen auf. Dann fällt mir ein großes Marketing Budget auf, denn an fast jeder Laterne hängt ein Fähnchen, welches auf die Attraktivität des Stadtteils hinweist.

Was ist hier also passiert? Meiner Mutmaßung nach war es wohl mal zu “Regierungszeiten” hier in Bonn eine beliebte Einkaufsstraße. Dann wurde das “Produkt” unattraktiver. Statt aber die Probleme zu lösen (Attraktivität für Kunden und Gewerbetreibende), probiert man es anscheinend mit Marketing. Ob hier Fähnchen aufhängen noch hilft, wenn ich für die selben Parkgebühren viel attraktivere Geschäfte in der Innenstadt bekomme?

Hier haben wir dann auch den direkten Bezug zum Produkt. Leider sehe ich es zu oft, dass gerade in großen Konzernen veraltete Software zu hohen Preisen verkauft werden soll. Wenn es dann nicht mehr so läuft, verbessert man nicht das Produkt oder den Preis, man versucht es einfach mit viel Marketing und Kaltakquise in den Markt zu “drücken”. Die Ursachen sind hier natürlich vielfältig. Oft beginnt es, dass Konzerne und anscheinend die eine oder andere Stadtverwaltung von Kennzahlen gesteuert wird. Hier geht es um das Geld, meist um das kurzfristige. Da ist es natürlich verlockender, mit Marketing- und Vertriebsinvestitionen kurzfristig mehr Umsatz an Lizenzen oder auch Parkgebühren zu generieren, anstatt erst einmal in ein ordentliches Produkt zu investieren. Kurzfristig funktioniert diese Strategie oft sogar, aber sie endet langfristig oft im Desaster. Spätestens wenn es hier neben Leerständen nur noch 30 Dönerbuden gibt, bzw. die Software technologisch völlig veraltet ist, geht man meiste böse baden. Im Mobilfunkbereich könnte man Nokia und RIM als Beispiele nennen, wo es spannend sein wird, ob sie jemals wieder zu Apple und Android aufschließen können.

Auch für den Vertrieb gibt es natürlich schöneres, als ein schlechtes Produkt zu schlechten Konditionen mit Gewalt in den Markt pressen müssen. Von den Reibungen innerhalb der Organisation (z.B. verstärkter Supportaufwand, Programmierer die mehr aufräumen und reparieren als entwickeln) mal ganz abgesehen wird der Kunde dadurch auch nicht unbedingt glücklicher. Meiner Meinung nach ist es wichtig, ein langfristiges und tiefgehendes Produktdenken zu haben, anstatt nur auf kurzfristige Erfolge zu setzten. Jeder Anreiz der etwas anderes fördert, ist ein falscher Anreiz.

LinkedInFacebook

Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.