Die Anschaffung einer Software ist wie bei jedem anderen Produkt immer ein Kompromiss. Am schwersten ist sicherlich ersteinmal einzuschätzen, was man überhaupt benötigt. Dieser Findungsprozess ist dann eine Mischung aus Politik und Unsicherheit. Wenn man mal jeden im Unternehmen fragt, was er sich wünschen würde, dann das alles summiert - und sicherheitshalber noch mal 50% Kriterien oben aufschlägt (man weiß ja nie), dann bekommt man unter Garantie einen sehr langen Kriterienkatalog.
Bei dem Lesen des kompletten Dokuments - des Lastenheftes - rauft man sich die Haare und schüttelt nahezu durchgehend den Kopf. Da werden seitenweise die abstrusesten Anforderungen heruntergeschrieben - es versteht sich von alleine, das natürlich 90% “K.O.-Kriterien” sind. Ohne die geht gar nichts, sie sind in jedem Fall essentiell für den ganz individuellen Prozess in der Firma. Im Umkehrschluss heißt das, dass man als Anbieter direkt raus ist, sobald das Kriterium nicht erfüllt. Ein Glück, dass die Vielzahl der Kriterien so schwammig formuliert sind, dass ein jeder ruhigen Gewissens den Haken setzt.
Doch zurück zu den Kriterien. Schon nach der ersten Seite wird einem klar, dass das gewünschte Produkt unbedingt auf Systemen von Microsoft arbeiten muss und eine feingranulare Rechteverwaltung mitbringen muss. Alles andere hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur den Untergang des Unternehmens, sondern auch den Untergang des Abendlandes zur Folge. Ein Schelm wer sich fragt, ob man den Kriterienkatalog nicht vielleicht sogar mit einem Produkt im Kopf heruntergeschrieben hat. Schließlich kann man als Entscheider in großen Unternehmen nie zur Rechenschaft gezogen werden, wenn man Microsoft, IBM oder heute Lenovo kauft. Wenn man auf den Industriestandard setzt und das Projekt dennoch in die Hose geht müssen höhere Mächte am Werk gewesen sein...
“One size fit’s all” Anbieter - alles für jeden, aber nichts richtig
KomplexitätProbieren geht über studieren
Bei einem Autokauf bestehen wir doch auch auf die Probefahrt und gucken uns das Reserverad an - warum also sollten wir uns bei Software auf das Prospekt verlassen? Außerdem wird man mit jeder Probefahrt schlauer, hat ein besseres Gefühl für das was geht und "üblich" ist.