Zwar weiß jeder, der einmal eine Hochschule von innen gesehen hat, dass die Kursinhalte nur einen Teil des Studiums ausmachen, dennoch bieten die als Online-Studium konzipierten Kurse tolle Möglichkeiten. Zum einen, weil sie zeit- und ortsunabhängig belegt werden können, vor allem sind aber viele der Angebote vollkommen kostenlos. Durch die Gratis-Bildung kann nun auch ein Hilfsarbeiter aus Mumbai Vorlesungen beim gleichen Spitzenprofessor hören, wie ein Elite-Student in den Elfenbein-Unis der USA - ein stark demokratisierender Effekt. Und je stärker der Trend wird, desto eher werden sich auch hierzulande Professoren einem Wettbewerb in ihrem eigenen Fach stellen müssen, denn Studierende werden sich „ihren Stoff woanders besorgen“, wenn der eigene Prof. zu gelangweilt auftritt.
Wie alles anfing
Im Herbst 2011 hatte der deutsche Stanford-Professor Sebastian Thrun seinen ersten Onlinemassenkurs über Künstliche Intelligenz angeboten. Zu den 200 zahlenden „on campus“ Studierenden kam durch das kostenlose Internet-Angebot in kürzester Zeit die völlig unerwartete Anmeldungszahl von 160.000 Teilnehmern. 23.000 davon schlossen den Kurs erfolgreich ab, unter ihnen die 400 Teilnehmer mit Top Ergebnissen. Auf Platz 413 fand sich der erste Student aus Stanford. Für Thrun war dabei besonders überraschend, dass auch seine Studenten angaben, sie würden das Onlineformat gegenüber den Präsenzsitzungen bevorzugen. 2012 machte sich Thrun mit seiner digitalen Plattform Udacity selbstständig.
Während Hochschulen in aller Welt an neuen Online-Studienformen tüfteln, halten sich deutsche Innovationen in Grenzen. "Die Deutschen sind sich nach wie vor nicht bewusst, dass man auch außerhalb einer real greifbaren Uni studieren kann", sagt Jörg Eisfeld-Reschke, Experte des Kommunikations-Instituts Ikosom in einem Artikel in der Zeit.
Ein Beispiel aus Deutschland ist Iversity, was sich zusammen mit dem Stifterverband der Deutschen Wissenschaft einen Namen machen will als europäische Konkurrenz zu den US-Plattformen. Noch ist das Angebot sicher nicht so umfangreich wie bei den Pendants aus den Staaten, doch auch hier lassen sich viele Kurse online und kostenlos besuchen.
Am Ende kann man zum Teil auch Zertifikate erwerben. Die sind dann zwar kostenpflichtig, aber immer noch sehr günstig (ca. 50-100 Euro). Während des Semesters erfolgt die Kontrolle zumeist durch korrigierende Kommilitonen, denn kein Lehrstuhl könnte eine solche Masse eingereichter Materialien bewältigen. Das klappt aber in aller Regel auch sehr gut.
Was wird angeboten?
Viele der ersten MOOCs kamen aus dem IT-Bereich, wo besonders edX stark hervorsticht, ein Angebot des MIT und über zehn Partneruniversitäten. Programmiersprachen, Web-Entwicklung und Datenbezogene Analysen machen daher noch immer den Löwenanteil der Kurse aus, auch bei Anbietern wie der genannten Udacity oder der Codecademy.
Insgesamt ist das Programm aber extrem breit und reicht von angelsächsischer Geschichte über Neurowissenschaften bis zu Wissensmanagement. Udemy beispielsweise bietet auch Kurse zu Yoga, Gitarren- oder Sprachunterricht. Viele davon sind zwar kostenpflichtig (zwischen 20 und 200 Euro), aber auch hier gibt es immer Gratiskurse. Es lohnt sich also wirklich für jeden, der Spass daran findet Neues zu lernen, sich einmal durch die Angebote zu klicken.
Wer sind die wichtigsten Anbieter für gratis Online-Kurse?
Fokus auf Informatik und Programmierung
Allgemeinere Kursangebote
MOOCs aus Deutschland und von Partneruniversitäten
Übergreifende Suchmaschinen gibt es inzwischen auch unter moocse.com oder class-central.com
An wen richten sich MOOCs?
Zunächst mal an alle, die Interesse daran haben, Neues zu lernen. Da jedoch zumeist nur einzelne Kurse oder Vorlesungen angeboten werden, eignen sie sich nicht als vollständiger Ersatz zu einem (Fern-)Studium. Zumal auch nicht alle Einrichtungen Zertifikate ausstellen, die als Pendant zu den offiziellen Scheinen der Universitäten anerkannt werden. Die Hochschulen möchten sich in ihren extrem teuren Programmen schließlich nicht selbst kannibalisieren. Toll sind die Online-Kurse deshalb vor allem für Lernwillige, denen Inhalte ohnehin wichtiger sind als Noten und Scheine. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die selten das Budget haben, um Angestellte auf teure Fortbildungen zu schicken, können mit MOOCs ihren Mitarbeitern interessante Weiterbildungen bieten. Sei es um die Fremdsprachenkenntnisse aufzufrischen oder die Html-Grundlagen zu legen, um das Firmenblog zu betreuen - dümmer wird man dabei sicherlich nicht.