Produktivitätssoftware oder das Papier 2.0

von Moritz Machner am 28.11.2012

Die Gattung der Produktivitätssoftware umschreibt das, was wir alle unter „Office-Paket“ kennen. Ja richtig, Office und Co bilden den Grundstein des heute so präsenten Begriffes.

Ob nun in der Geschmackrichtung OpenSource oder vom „Weltmarktführer“ gekauft - fast jeder hat ein solches Office Paket auf seinem Rechner. In vielen Büros ist solche Software unverzichtbar. Mit ihr produzieren Mitarbeiter täglich Dokumente in A4 Hochkant oder Querkant. Aber genau darin liegt das Problem: Dokumente.

Für alle, die jetzt fragen was mit Dokumenten im Büro falsch sein soll, muss ich etwas weiter ausholen. Dokumente sind ja nun nichts anderes als die digitale Version von Papier, welches es schon seit über 100 Jahren in Büros gibt und da bekanntermaßen geduldig ist. Nun ist der PC sicherlich eine sehr gute Schreibmaschine, aber er könnte auch viel mehr sein. Hierzu muss man wissen, dass es große Vorteile bringt, wenn man Information und Darstellung trennt.

Trennung von Darstellung und Inhalt

In der Anfangszeit des WWW waren Webseiten auch Dokumente. Dateien, welche einen Namen, einen Inhalt und ein Layout/Design hatten. Alles zusammen und in einer Datei. Diese Dateien waren statisch. Wollte man etwas ändern, so musste man die Datei editieren. Irgendwann einmal wurde dann das Design (die Darstellung) vom Inhalt getrennt. Das sah dann so aus, dass man die Darstellung oben in der Datei aufführte und den Inhalt weiter unten in der Datei hatte. So konnte man zwar das Design ändern, Struktur und Inhalt waren aber weiter statische Dokumente.

Den großen Durchbruch erreichte man aber erst, als man den Inhalt auch wirklich in unterschiedliche Dateien schrieb. Dieser Ansatz macht es zum Beispiel unserem CRM möglich einen Datensatz auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu verwenden. Da wir die nötigen Informationen für eine postalische Anschrift getrennt von der Darstellung speichern, können wir sie auf einer Webseite anzeigen, in eine Visitenkartendatei schreiben oder auch eine Excel Datei damit befüllen. Auf A4 wäre es nur eine Adresse - vielleicht hätte sie eine Formatierung, aber dafür wäre sie kaum weiter nutzbar.

Der Trend weg von der Datei ist übrigens auch kein neuer. Apples Foto und Musik Applikation iPhoto und iTunes arbeiten schon seit Jahren aus Benutzersicht nicht mit irgendwelchen Dateien, die man in irgendwelchen Ordnern verwalten muss, sondern mit internen Datenbanken. Diese haben viele Vorteile. Wenn ich Musik aus den 90ern hören will, muss ich keine 100 Ordner durchgehen und mir überlegen, welches Album wann herausgekommen ist. Die Datenbank erledigt das automatisch. iPhone und iPad gehen hier noch deutlich weiter, hier gibt es für den Benutzer gar kein sichtbares Dateisystem mehr.

In der Praxis habe ich schon oft gesehen was passiert, wenn man seine Kundendaten in einer Reihe verknüpfter Excel Tabellen auf einem Netzlaufwerk verwaltet. Ob es einfach so gewachsen ist oder ob man die Flexibilität mag, geendet sind diese “Excel Tools” bis jetzt fast immer im Chaos. Daten gehören eben in eine Datenbank und nicht in Dokumente. Viele Anwender sind sich dieser Tatsache oft nicht bewusst. Man hat einfach von der Schule an gelernt nicht in Datenstrukturen, sondern in A4 zu denken.

Mein Rat daher: Bevor man ein neues Dokument in seinem Office Paket anlegt, sollte man sich kurz fragen ob nicht eine Datenbank, im Zweifel eine spezialisiertes System in der Cloud, nicht die bessere Lösung ist. Ob man Papier bunt machen will oder Information jederzeit, überall und im richtigen Format und Kontext abrufen möchte.

Vielleicht ist also die klassische Produktivitässoftware mittel- und langfristig gar nicht wirklich produktiv - auf jeden Fall nicht sonderlich produktiver, als ein Blatt A4 Papier.

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.