Computer im TV und Film – ein Fremdkörper?

von Moritz Machner am 11.6.2012

Spätestens seit der Diskussion um das Urheberrecht und ACTA wird klar, dass vielen Leuten aus der Medienbranche der Computer und das Internet ein großes Rätsel ist. Es ist interessant einmal zu betrachten, wie dieses neue Medium in Film und Fernsehen dargestellt wird.

Bloß nicht zu viel

Im TV gab es im Laufe der Jahre nicht viele Sendungen über den Computer. Ich komme hier auf drei nennenswerte: Den WDR Computerklub vor vielen Jahren, das 2011 eingestellte “neues” auf 3sat und neuerdings den “Ratgeber Internet” in der ARD. Das Thema ist also schon rein quantitativ für seine Wichtigkeit und Verbreitung innerhalb der Gesellschaft relativ unterepräsentiert. Wenn ich mir die große Anzahl der Zeitschriften im Printbereich am nächsten Kiosk anschaue, dann scheint das Thema ja schon für viele Leute interessant zu sein.

Bloß nicht kompliziert

Nicht nur die Quantität, auch die Art der Berichterstattung lässt interessante Rückschlüsse zu. Das Erste, was einem auffällt ist, dass man teilweise relativ gezwungen probiert, Monologe oder “Belehrendes” zu vermeiden. Beliebt bei den Medienschaffenden ist hier das Onkelschema. Ein netter „Onkel“ vom Fach erzählt der laienhaften und sich dümmlich stellenden Co-Moderatorin etwas über das Thema. So versucht man wohl es „einfach“ auszudrücken, ohne das der Zuschauer sich dumm fühlt. Das hierbei natürlich keine Monitore eingesetzt werden sondern ein Touch-Tisch ist ein weiter Punkt. Wenn man mal darauf achtet, stellt man fest, dass man fast nie Monitore sieht. Das ist schon sehr merkwürdig, da ja eigentlich der Monitor das ist, womit man mit dem Computer und dem Internet hauptsächlich interagiert.

Bloß keine Monitore

Stattdessen zeigt man lieber berichte von irgendeiner Messe, möglichst nur die Besucher und Hostessen, oder wie 3sat neues irgendwelche Geocacher bei der Schatzsuche im Wald. Das selbstfahrende Auto der Uni XYZ ist hier natürlich auch immer gerne dabei. Der „Internet-Anwalt“ beim Ratgeber Recht wird auch prinzipiell nur mit wippender Kamera im Aufzug, im Flur beim laufen, oder beim lässigen Anlehnen gefilmt. Alles eindeutig Situationen, in denen ich auch mit einem Anwalt Fachgespräche führen würde - nicht! Man scheint beim TV also eine größere Allergie gegen Bildschirme zu zeigen. Hauptsache Action, und wenn jemand schon mal etwas fachspezifisches sagen muss, dann ja mit Action im Hintergrund. Leider kann man so aber nicht vernünftig über IT berichten. Fernsehen ist anscheinend oberflächlich und reißerisch, und mal 5 Minuten einen Monitor zeigen, wo jemand mal wirklich Inhalt herüber bringt geht anscheinend gar nicht. Dabei habe ich schon tolle Screencasts im Internet gesehen, wo jemand 30 Minuten wirklich etwas spannedes auf dem Monitor erklärt hat. Für das Medium TV ist das offensichtlich zu wenig Action.

Bloß nichts realistisches

Bei Spielfilmen wird es dann noch abstruser. Mit ganz wenigen Ausnahmen sieht man fast nie einen realistischen Einsatz von Computern. Von „Wargames“ in den 80er Jahren über „Hackers“ in den 90ern bis zu aktuellen Streifen. Wenn dort Computer eine Rolle spielen, dann werden diese meist mit völlig unrealistischen 3D Animationen aufgepeppt. Da sehen dann Dateisysteme aus wie digitale Hochhäuser und Virenscanner wie Raumschiffe im Cyberspace. Zu den wenigen Ausnahmen gehört zum Beispiel das David Fincher Remake von „Verblendung“. Während in der ersten Verfilmung des Films nach den Millennium Romanen von Stieg Larson die Computerszenen eher esoterischer Natur waren, waren sie im Remake zwar seltener, aber dafür realistischer. In einer Szene wurde sogar fast korrektes SQL in eine Datenbank eingegeben. Und nein liebe Medienmenschen, niemand ist schreiend aus dem Kino gerannt.

Bloß keine Inhalte

Ich weiss leider nicht, woran es liegt: Haben die Schaffenden keine Ahnung von dem Thema? Ist richtiges SQL für eine Hackerszene nicht spannend genug im Vergleich zu irgendeiner Pseudo-Animation? Klar wird jedoch, das in Nachrichten, Ratgeber Sendungen und Unterhaltungssendungen und Filmen immer mehr die Themen Internet und Computer auftauchen, da es ja für viele Leute inzwischen ein Teil es Alltages ist. Aber dieses scheint bei den Kreativen dieser Branche nicht angekommen zu sein. Während im Krimi der Gerichtsmediziner 10 Minuten hat sein Autopsie zu erklären, werden die Ergebnisse des Computerforensikers kurz zwischen Tür und Angel auf Papier!!! den Ermittlern in die Hand gedrückt.

Ich persönlich denke die Zuschauer sind deutlich weiter als die Medien denken. Wenn man die verbeulten Autos nach einem Unfall in den Nachrichten zeigen kann, dann kann man auch mal einen Screenshot einer verbeulten Datenbank zeigen, statt nur ein Netzwerkswitch mir irgendwelchen blinken Lämpchen aus dem Archivmaterial. Vielleicht hilft es ja auch der Diskussion um die Netzpolitik, wenn die Redakteure mal ihre Scheuklappen abnehmen würden. Ein bisschen weniger Oberflächlichkeit und ein bisschen mehr Offenheit und Seriösität würden da glaube ich schon viel bringen. Die Technik ist Teil des Lebens und Alltages vieler und sollte auch so in den klassischen Medien behandelt werden.

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.