Cloud Service Augenwischerei made in Germany – der Betrug mit den Siegeln

von Axel von Leitner am 7.3.2012
Die Cloud ist das neue Hype Thema, auf der CeBit geht es gefühlt um nichts anderes. Aber viel wichtiger: die Cloud kommt in immer mehr Betrieben an. Man kann dort Geld sparen und tolle Services bekommen - so weit so gut. Doch wo viel Interesse ist, sind bekanntlich auch viele Betrüger. Ich meine nicht die Anbieter, die so genanntes "Cloudwashing" betreiben, also ihre alten client-basierten Lösungen mit irgendeinem Online Client aufbohren und sich dann Cloud-Anbieter schimpfen. Nein, hier und jetzt meine ich die Industrie (ja, es scheint mittlerweile eine eigene Branche zu sein) der Labels, Siegel, “Auszeichnungen” oder Initiativen. 

Im Cloud Umfeld gibt es davon mittlerweile unzählige. Und wie zu erwarten war, haben die Initiativen, Cloud-Siegel und Cloud-Zertifikate auch auf der CeBit Hochkonjunktur. Sie sind überall zu finden und gehen auf Kundenfang. Wir produzieren unsere Software in Deutschland, im Support reden wir deutsch mit unseren Kunden und sogar unsere Server stehen in Deutschland. E-Mails, die wir schreiben, kommen übrigens auch meistens aus Deutschland. Ab und an sind wir im Ausland und arbeiten von dort, aber gut. Sichere Sache so weit und wir erfüllen die Kriterien der meisten Siegel damit aus dem Stand. Offenbar gibt es aber Anbieter, die das nicht ausreichend kommuniziert bekommen oder deren Produkte so schlecht sind, dass sie versuchen andere durch vermeintlich wertvolle und glaubwürdige Siegel in den Schatten zu stellen. Mir geht es hier um die Siegel die suggerieren, es handele sich bei dem Träger des Siegels um ein extra seriöses, hoch etabliertes Unternehmen. Ein Unternehmen, dem man seine Daten problemlos anvertrauen kann. Es sticht damit aus der Masse hervor. Die Wahrheit? Reine PR. 

Welchen Sinn haben Cloud-Siegel? 

Zum einen ist die Sinnhaftigkeit der meisten Siegel oder Initiativen so beschränkt, dass es geradezu ein Witz ist, sich überhaupt so zu nennen. Die Idee ist klar: der ahnungslose Kunde, der nur schnell über die Webseiten der Anbieter surft, denkt der Anbieter ist in ach so seriösen Verbänden oder eben Initiativen engagiert. Dort wird er sicher auf Herz und Nieren geprüft. 

Marketinggag mit Umsatzpotential für den “Erfinder” Weit gefehlt. Auf mich macht es den Eindruck, als gehe es allein darum von den beteiligten Anbietern ein paar Euro abzukassieren, damit die sich das frisch erfundene Siegel auf die Seite schreiben dürfen. Der BWLer tanzt lachend im Kreis bei dem Geschäftsmodell. Ich denke mir einen vielsagenden Titel aus, sagen wir “Cloud Services made in NRW”. Dazu lasse ich meinen Designer in 2 Minuten ein Logo entwerfen und dann stelle ich ein paar echt harte Kriterien auf. Zum Beispiel: 

  • der Anbieter muss Webseite und System in Deutsch anbieten
  • ein Mitarbeiter des Anbieters muss bereits einmal in NRW gewesen sein. Die Auskunft ist natürlich selbstverpflichtend. Übersetzt heißt das: es kontrolliert kein Mensch (wäre bei den Kriterien ohnehin witzlos). Mit jedem Anbieter, der dazu kommt, erhöht sich der Druck auf die verbleibenden, die Außenseiter. Wenn der Wettbewerber schon doppelt und dreifach zu den absolut tollen deutschen Cloud Diensten gehört, dann darf man natürlich nicht fehlen. Am Ende profitiert nur einer: der “Erfinder” der Initiative, der den “Jahresbetrag” oder die “Gebühr” der Mitglieder einsackt. Es ist toll, dass die Initiativen nach und nach die Anbieter von Cloud Services abklappern und großzügig anbieten, dass man in den erlesenen Kreis aufgenommen wird. Leider haben wir Grundsätze, die uns davon abhalten mit solchen Betrügern zusammen zu arbeiten. Zu diesen Grundsätzen gehört, dass ich mir kein Siegel für einen “Jahresbetrag” von x tausend Euro kaufe. Danke für’s nicht anrufen. 
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Axel von Leitner

Mitbegründer von 42he. Beschäftigt sich mit den betriebswirtschaftlichen Dingen und steckt viel Herzblut in Design & Usability. Axel schreibt insbesondere über Produktivität, Design und Startup-Themen.