Heise Online berichtete zu Beginn der Woche über eine Sitzung der Internet-Enquete Kommission des Bundestages, wo mehrere Experten gehört worden sind. Hier ist mir der allgemeine Tenor Startup = VC (Venture Capital) übel aufgestoßen. (vgl. Heise Artikel)
Wie man in dem Artikel lesen kann, ist Deutschland anscheinend kein Startup freundliches Land. Dieses wird unter anderem mit der fehlenden Venture Capital Kultur begründet.
Mit der was? Diese Sache, wo man 3 Jungs aus der Garage ohne Geschäftsmodell Millionen in den Rachen wirft, weil sie ein bisschen PHP frickeln können? Klar - manchmal kommt dabei Facebook herum, aber in 99% der Fälle endet es in einer Katastrophe. Wie kommt es, dass der Dot-Com Boom mit seinem lauten Ende schon so vergessen ist? Heute ist es wieder so, dass haufenweise Unternehmen ihre Produkte und Leistungen verschenken, dafür VC ohne Ende bekommen und t3n bei jeder Gelegenheit die PR Welle laufen lässt. Aber ist es wirklich erstrebenswert mehr von diesen „Unternehmen“ zu haben?
Kurzfristig sind sicher alle Beteiligten glücklich. Endkunden bekommen Produkte für lau, die Presse hat etwas zu schreiben, VC’s verdienen Geld mit Exit’s oder IPO’s und meist stehen die Gründer auch ganz gut da. Wenn die Modelle dann aber nachher als unprofitabel eingestampft werden oder der Service sich nach dem IPO oder Bailout radikal verändert weinen wieder alle um die Arbeitsplätze und schimpfen über die die immernoch zu kleinen VC Töpfe.
Ich sage also klar Nein, langfristig ist diese Art von Unternehmen nicht erstrebenswert. Aber es geht ja auch anders. Es gibt in Deutschland sehr wohl Startups, welche seriös und organisch wachsen. Wo Gründer mit eigenem Risiko, Mut und Talent jeden Tag hart daran arbeiten, ein seriöses Geschäftsmodell zu entwickeln. Die VC Finanzierung anderer Firmen macht es diesen Startups sogar noch schwer - sie ist eine Wettbewerbsverzerrung. Denn wer geht als Kunde nicht lieber zum Freibierstand?
Die Gründe, warum Deutschland kein Startup freundliches Land ist, sind ganz andere. Zum Beispiel gibt es bis heute in Deutschland kein vernünftiges Online-Payment. (Vgl. t3n Artikel). Klar braucht man das nicht, wenn man dank VC alle seine Produkte verschenkt. Aber für das revolutionäre Geschäftsmodell Leistung gegen Geld braucht man im Internet nun einmal Onlinepayment. Alle verfügbaren Lösungen sind sowohl aus organisatorischer als auch technischer Sicht ein Krampf. Alle Startups, die monatlich wiederkehrende Zahlungen ihrer Kunden (das sind die Leute, die bereit sind Geld für eine gute Leistung zu zahlen) abrechnen müssen kennen das Problem und den nervigen Aufwand in Deutschland.
Der Autor sieht die Gründe in den Besonderheiten des deutschen Marktes. Aber auch hier möchte ich widersprechen. Nein, es liegt nicht an den Besonderheiten des deutschen Marktes. Es liegt schlicht daran, das die Banken jeden, der in der Lage wäre einen Computer über das Hochfahren hinaus zu bedienen, nach London zum spekulieren geschickt haben. Ist ja auch für den Bankster viel lustiger, Millionen Boni mit Spekulationen und automatischen Handelssystemen zu verdienen, als mit so drögen Brot- und Butter Aufgaben wie dem End- oder Geschäftskundengeschäft. Vielleicht sollte der Bundestag hier einmal eingreifen, dann würde das für die Banken auch wieder interessanter. Falls das hier jemand von einer Bank lesen sollte und alles anders sieht, dann möge er sich bitte selber fragen, warum Geldautomaten noch mit Windows NT4 laufen und permanent gehackt werden. Und warum ist der gängige Standard der Sparkassen zur Übertragung von ELV Daten die DTAUS Datei von 1976? Ja der wo man die Lochkarte 1:1 in eine Datei gepackt hat...
Naja, es ist nur ein Punkt unter vielen und zusammen machen sie es den seriösen Startups schwer. Für die meisten Ideen ist fehlendes VC kein Problem oder kein show-stopper. Der einzige Vorteil von VC ist übrigens: t3n schreibt über Dich, wenn Du das Funding eingesammelt hast. Gute Produkte sind nicht so wichtig.