Jobsuche junger Absolventen – Vergesst gesellschaftliche Normen

von Axel von Leitner am 19.10.2011

Der lange Titel wäre wahrscheinlich: warum das Gehalt im ersten Job völlig egal ist und warum die Selbstständigkeit gerade nach dem Studium eine super Sache ist. Aber langsam und von Anfang an: Als junger Absolvent ist man immer mit der Frage nach dem “was jetzt?” konfrontiert. Viel zu viele Leute beugen sich dann dem gesellschaftlichen Druck und machen “etwas anständiges”. Doch wie steht es mit der eigenen Zufriedenheit und dem Spaß an der Freude?

Wer mit dem Studium oder der Ausbildung durch ist hat häufig schon einen Vertrag oder zu mindestens eine Option in der Hinterhand. Die oben genannte Frage wird dann nur noch im Hinterkopf behandelt. Wer tatsächlich nach einem Job suchen muss, weil er vorher keine Kontakte geknüpft hat, der wird sich umso mehr Optionen anschauen. Sicherlich viele stellen dabei auch Überlegungen an etwas anderes zu machen. Die Überlegung keinen Standard 01815 Job in Consulting und Co anzunehmen oder bei Konzern 3B in der Abteilung 4C anzufangen. Die Alternative etwas eigenes zu machen ist dabei häufig schmerzhaft, sie ist unsicher und der Druck der Gesellschaft ist gerade in Deutschland sehr hoch. Scheitern ist verpönt.

Der sichere Hafen

Ein ordentliches Gehalt, geregelte Arbeitszeiten und gesellschaftliches Ansehen klingt besser, als jahrelang arbeiten ohne vorher genau zu wissen, ob es funktioniert. Aus dem Grund entscheiden sich die meisten Leute für den sicheren Hafen der Festanstellung. Steve Jobs sagte in seinem unfassbar oft zitierten Video vor den Absolventen der Stanford University, dass man das tun soll worauf man Lust hat. Er sagte “stay hungry, stay foolish”. Das funktioniert allerdings meist nicht mit dem klassischen Werdegang vieler Absolventen. Der sichere Hafen ist viel zu häufig die Entscheidung für 9-5 und gegen stay hungry, stay foolish. Hungry und foolish interessiert nämlich dort leider niemanden.

Im ersten Job auf Gehalt optimieren ist wertlos

Wenn man im Studium mit 200-300 Euro (+ Miete) monatlich auskommt, warum sollte man also jetzt nur auf ein möglichst hohes Gehalt achten? Ob 30, 40, 50, 60 Tausend oder mehr spielt im Prinzip überhaupt keine Rolle. Wenn man sich für einen festen Job entscheidet ist monetär alles um Längen mehr, als das was man im Studium oder in der Ausbildung gewöhnt war. Wer nicht ganz blöd ist legt davon ohnehin einen Großteil zur Seite und spart. Leider tun das die wenigsten, sondern lassen sich durch das erste dicke Gehalt innerhalb kürzester Zeit versauen. Man gönnt sich etwas, weil man etwas geschafft hat. Ein ordentliches Auto, teurere Klamotten und jährlich das neue iPhone. Immerhin kurbelt der eigene Komplex den Binnenkonsum an...

Optimiere auf Lernkurve und Spaß

Die ersten 1-2 Jahre der Arbeitszeit sind verhältnismäßig völlig egal. Ob man jetzt anfängt Geld und Luxusgüter anzuhäufen oder später ist auf die Lebenszeit gerechnet nicht entscheidend. Anders ist es mit dem Lernen: je mehr man jetzt lernt, desto besser steht man nach ein paar Jahren da. Die Lernkurve vieler gut bezahlter Jobs ist leider deutlich flacher, als das in anderen Jobs der Fall sein mag (z.B. in einem Startup). Im ersten Job oder in den ersten Jahren auf Gehalt und nicht auf die Lernkurve zu schauen ist also kurzfristig gedacht.

Man muss ja nicht einmal seinen eigenen Laden auf machen. Es kann ebenso spannend und lehrreich sein in einem Startup oder kleinen Unternehmen zu arbeiten. Personalberater würden wahrscheinlich davon abraten, aber was sollen sie auch anderes sagen: sie sind selber “Drohnen” und ihr Job ist es die Besten daraus zu rekrutieren.

Ich habe bislang zwei große berufliche Entscheidungen getroffen und mich beide Male für die Lernkurve und den Spaß und damit gegen die Konvention entschieden. Beide Entscheidungen waren beruflich und persönlich goldrichtig. Die Früchte ernte ich jeden Tag.

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Axel von Leitner

Mitbegründer von 42he. Beschäftigt sich mit den betriebswirtschaftlichen Dingen und steckt viel Herzblut in Design & Usability. Axel schreibt insbesondere über Produktivität, Design und Startup-Themen.