OSX 10.7 Lion – Beispiel für schlechte Usability made by Apple

von Moritz Machner am 9.8.2011

Wie so viele habe ich das neue Betriebssystem für den Mac ausprobiert - mit gemischten Ergebnissen. Das ein neues MacOS noch nicht alle Programme unterstützt und hier und da einen Bug hat ist man ja gewohnt. Aber die wahren Produktivitätskiller und Usability Baustellen habe ich gerade da gefunden, wo ich es nicht erwartet hätten: bei den Features die Apple so groß bewirbt und den Funktionen die man dauerhaft benutzt.

Ich für meinen Teil bin überzeugter Mac User seit 2005, wo ich mit einem weißen MacBook mit OSX 10.4 Tiger Windows den Rücken gekehrt hatte. Es war damals die Zeit vor dem ServicePack 2 von XP, wo man die fiesen Viren drauf hatte, bevor die Updates, die dieses verhindern sollten, durch die Leitung kamen. Seit dem hat sich Mac OS für mich als schnelles, stabiles und vor allem auch intuitives Betriebssystem erwiesen. Es war in großen Teilen für das gesamte Spektrum an denkbaren Anwendern geeignet. Während Anfänger vom leichten Einstieg profitieren konnten, hatte der Profi mit dem UNIX Unterbau ein mächtiges Werkzeug zur Hand. Usability wie sie sein sollte: Form follows Function und für alle geeignet.

Seit dem Lion Update hat meine Überzeugung für das Apple OS leider etwas gelitten...

Unsinnige Animationen

Das erste was einem an Lion auffällt, sind die Animationen. Beispielsweise „fliegt“ eine E-Mail nun mit einem „swiiiiiiiiisch“ oben aus dem Bild. Beim ersten mal denkt man sich noch, nett gemacht, aber spätestens nach der dritten E-Mail ändert sich das. Ich habe weder Lust noch Zeit jedes mal eine gefühlte Ewigkeit zu warten bevor ich weiter arbeiten kann, weil die E-Mail zeigen will wo sie hingeht oder ein Fenster wo es herkommt. Das Feedback an den User, das seine gewünschte Funktion ausgeführt wurde, ist also aus meiner Sicht deutlich übertrieben worden.

Fullscreen Apps

Ein Feature aus dem mobilen iOS. Was auf einem 10“ iPad noch Sinn macht ist spätestens auf einem 23“ Bildschirm einfach nur albern. Auch bei den billigsten NetBooks mit Mini-Auflösung mag es sinnvoll sein etwas Platz nach oben oder zur Seite zur gewinnen. Als professioneller Anwender nutzt man aber viele Programme parallel und ist hoffentlich auch mit mehr als 800*600 Pixeln unterwegs.

Rechtschreibekorrektur im Amok-Modus

Selbst bei iPhone und iPad bin ich mir nicht sicher, ob die Autokorrektur bei der Eingabe von Text mehr hilft oder mehr Schaden anrichtet. Bei einem Desktop Betriebssystem ist sie in dieser Form aber definitiv fehl am Platz. Nehmen wir das Schreiben eines längeren Textes als Beispiel. Wenn ich schreibe möchte ich meine Gedanken zunächst sinnvoll und strukturiert los werden. Ob in dem ein oder anderen Wort ein Fehler steckt ist jetzt erst einmal sekundär. Wenn ich einen Absatz sinnvoll zu Papier gebracht habe, ist es ein leichtes, die rot unterstrichenen Wörter kurz zu korrigieren. Wenn mir aber jetzt die automatische Korrektur die Wörter komplett zerschießt, so dass die Sätze zum Teil keinen Sinn mehr machen muss ich die Wörter direkt ändern. Ich werde also jedes mal aus der Satzstruktur und meinem Gedanken heraus gerissen. Ein Drama für die Produktivität beim Schreiben von Texten.

Nerviges Scrollen

Ob man nun von oben nach unten oder umgekehrt scrollt ist sicher einfach eine Frage der Gewöhnung. Bei dem einen verschiebt man eben den Bildausschnitt, bei dem anderen das Dokument. Das wirklich nervige ist, das Apple die Geschwindigkeit auf 1:1 eingestellt hat, so dass es sich wirklich anfühlt, als ob man das „Papier“ verschiebt. Auch hier gilt, was auf einem Touchscreen Sinn macht, macht auf dem Desktop noch lange keinen Sinn. Wenn ich mal schnell 20 Seiten überfliegen will, dann will ich ja nicht im Schneckentempo Seite für Seite nach oben schieben, sondern mit einem Flick nach oben und unten kommen. Sonst hätte man wirklich beim Mausrad bleiben können.

Und leider sind das alles nur Beispiele, meine Liste ist noch länger - der Kalender, das Adressbuch und vieles mehr hat durch den Einzug von iOS Elementen an Komfort auf dem Desktop Rechner verloren.

Ich für meinen Teil bin vorerst zu Snow Leopard zurückgekehrt und hoffe, dass Apple zukünftig nicht nur Spielzeug herstellen möchte, sondern sich auch wieder an die professionellen Anwender erinnert, die ihm lange die Stange gehalten haben. Die Alternativen sehen nämlich auch düster aus: Windows 7 hat zwar aufgeholt, aber leider kein UNIX. Und Linux? Naja der Streit um das Desktopkonzept der Zukunft hat dort mit Gnome 3 vs. Unity ja auch gerade begonnen.

Was denken Sie zur Usability Baustelle Lion?

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Moritz Machner

Mitbegründer von 42he. Technischer Kopf und Chefentwickler mit Passion für schlanke Designs.